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  • Mary Kaara: ein Beispiel von 62 Gräbern

Estengräber

Die sog. Estengräber auf dem alten Springer Friedhof sind ein „memorial for displaced persons“ (Gedenkort für heimatlose Kriegsvertriebene). Es handelt sich an dieser Stelle um Gräber für 62 Personen aus den baltischen Staaten (44 Esten, 3 Litauer, 2 Letten und 13 Deutsche). Der 2. Weltkrieg und seine Folgen haben diese Menschen in einer wahrhaften „Odyssee“ im Jahr 1960 in das DRK-Altersheim in Springe geführt. Dort sind alle 62 Personen mittlerweile verstorben und auf diesem Friedhof beerdigt worden. Niemand von ihnen hat Angehörige oder Nachkommen in Springe, da sie mit Ausnahme einer Person allesamt über 60 Jahre alt waren, als sie hier in Springe ankamen. Zur Erinnerung an diese Menschen und ihr Schicksal hat die Stadt Springe diesen Gedenkort geschaffen.

 

An der Wand aufgestapelte Koffer im Altenheim Springe.
 

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Mit dem Tag der Befreiung im Mai 1945 konnten nicht alle Menschen, die der Krieg zT weit weg von ihrer Heimat verschlagen hatte, wieder nach Hause zurückkehren. Insbesondere die Menschen, deren Heimat von der Sowjetunion erobert und nun beherrscht wurde, wollten nicht zurück und blieben in Deutschland. Die Anzahl dieser Personen, die im alliierten Sprachgebrauch „displaced persons“ genannt wurden, betrug im Juli 1947 ca. 600.000 Menschen.

Eine besondere Gruppe stellten die Flüchtlinge aus den baltischen Staaten (Litauen, Lettland, Estland) dar. Diese Staaten wurden gem. den Abmachungen des Hitler-Stalin-Paktes (1939) bereits 1940 von der Sowjetunion erobert. Einige Litauer, Letten und Esten gingen in den Widerstand gegen die sowjetische Besetzung und hofften so, ihre staatliche Unabhängigkeit wiederzuerlangen. Als Hitler dann 1941 die Sowjetunion überfiel, unterstützten die baltischen Widerständler die deutschen Truppen und zT auch die Waffen-SS. 1944 eroberte die siegreiche „Rote Armee“ u.a. die baltischen Staaten zurück und viele Balten flohen zusammen mit der Wehrmacht nach Deutschland. Man geht davon aus, dass ca. 200.000 der sog. „displaced persons“ (heimatlose Kriegsvertriebene) aus den baltischen Staaten als Folge des Krieges in Deutschland lebten.

Ab 1950 waren die deutschen Behörden für diese als „heimatlose Ausländer“ geführten Menschen zuständig und es galt, Wohnraum für diese Personen zu schaffen. Dafür boten sich zunächst ehemalige Kasernen an, in denen diese Menschen zu zweit auf einer Fläche von 18m² leben mussten. Eine Auswanderung nach UK oder den USA war nur für junge „displaced persons“ möglich – die „Alten“ blieben und nahmen zT die deutsche Staatbürgerschaft an. Zunächst wurden sie u.a. in der Marine-Kaserne bei Varel (Friesland) untergebracht. Mit der Wiederbewaffnung ab 1955 wurden die Kasernen wieder für militärische Zwecke benötigt, sodass die 62 „displaced persons“ aus Varel schließlich ab 1960 nach Springe kamen und blieben.

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